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Arbeiten in Teilzeit soll unattraktiver werden

Die Wirtschaftskammer möchte das Arbeiten in Teilzeit reduzieren und Leistungsträger belohnen. In der Arbeiterkammer spricht man von Blattkosmetik.

Die Wirtschaftskammer möchte mehr Menschen in die Vollzeitbeschäftigung bringen. (Symbolbild)
Die Wirtschaftskammer möchte mehr Menschen in die Vollzeitbeschäftigung bringen. (Symbolbild)

Traditionell gehört der 1. Mai den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Neben der Arbeiterkammer und Gewerkschaft bringt sich nun aber auch die Wirtschaftskammer mit Forderungen ins Spiel. Durch die zunehmende Teilzeitquote sei der Sozialstaat in Gefahr, sagt WKS-Präsident Peter Buchmüller. Es müsse gelingen, dass den Leistungsträgern mehr bleibe und Mehrarbeit durch reduzierte Steuersätze attraktiver werde.

Damit aber nicht genug: Im Vorjahr ist eine Rekordsumme für Sozialbeiträge angefallen. "Das Volumen betrug insgesamt 4,11 Milliarden Euro, was eine Steigerung von sieben Prozent bedeutet", sagt WKS-Ökonom Lorenz Huber. In erster Linie seien es die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die fast 60 Prozent der anfallenden Sozialbeiträge leisteten. In Salzburg immerhin 2,46 Milliarden Euro. Hinzu kämen noch 128 Millionen Euro für die Mitarbeitervorsorge. "In vielen Bereichen erfolgt die Finanzierung ausschließlich durch die Dienstgeber."

Es brauche mehr Effizienz im Sozialsystem und notwendige Entlastungsschritte, damit die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes nicht weiter gefährdet werde, sagt Buchmüller. Das sei möglich, ohne dass Sozialstandards verloren gingen. Möglichkeiten der Reduktion sehen die Vertreter der Wirtschaft bei der Arbeitslosenversicherung. Darüber hinaus soll ein höherer Anteil an Steuergeld den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) finanzieren und die Betriebe entlasten. Darunter fallen etwa die Familienbeihilfe, das Kinderbetreuungsgeld oder Schulbücher und Studienbeihilfen. Potenzial gebe es auch bei der Unfallversicherung, was die Finanzierung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) betrifft. "Nur elf Prozent der Behandlungen sind auf Arbeitsunfälle zurückzuführen", sagt Huber.

Ein Wettbewerbsnachteil sei weiterhin auch die Inflation und daraus resultierende hohe Lohnabschlüsse. Diese hätten den Konsum und die Konjunktur nicht angekurbelt, sagt Buchmüller. Die Reallohnerhöhung sei in Österreich mit 4,2 Prozent über dem EU-Schnitt von 1,2 Prozent.

Als Schlussfolgerung gelangt Buchmüller zur Teilzeitfalle, in der er die heimische Wirtschaft sieht. Der zunehmende Wunsch, in Teilzeit zu arbeiten, führe dazu, dass auch die Produktivität sinke. "Die Finanzierung des Sozialstaates ist auf Vollzeit und nicht auf Teilzeit ausgerichtet." Betriebe würden primär einen Wunsch nach mehr Freizeit als Antrieb für die Teilzeit nennen. Bis 2040 fehlen in Salzburg aber rund 25.000 Arbeitskräfte. "Im Moment sind es, wenn man die Jobplattformen und das AMS heranzieht, 16.200 offene Stellen." Kurz gesagt soll mehr Vollzeitarbeit die Wirtschaft retten.

"In Teilzeit arbeiten in Salzburg vor allem Frauen", sagt die AK-Ökonomin und designierte Direktorin Eva Stöckl und rechnet vor: 53,3 Prozent der unselbstständig beschäftigten Salzburgerinnen arbeiteten 2022 in Teilzeit. Bei Eltern mit Kindern unter 15 Jahren noch einmal deutlich höher: 82,1 Prozent. Bei unselbstständigen Männern liege die Teilzeitquote bei 9,4 Prozent.

Wer erwartet, dass die AK in puncto Teilzeit eine gänzlich andere Position einnimmt als die WKS, täuscht sich. "Der Faktor Arbeit gehört entlastet - auch Steuererleichterungen für Überstunden sind vorstellbar", sagt AK-Präsident Peter Eder.

Eine Absage erteilt Eder der Senkung von Sozialbeiträgen: "Wenn die Betriebe weniger Sozialbeiträge zahlen, bringt das den Beschäftigten rein gar nichts. Letztendlich würden sie für Leistungen zur Kasse gebeten, die bislang von Dienstnehmern und Dienstgebern gemeinsam finanziert wurden." Eder fordert die Vertreter der WKS auf, nicht nur "Blattkosmetik" zu betreiben. Die Teilzeitquote könne nur durch eine Beseitigung der "Wurzelmängel" gelingen. Es brauche Kinderbildung und Ganztagsschulen. "Die Abwertung der Arbeitnehmer muss endlich enden." Jene, die nicht mehr arbeiten könnten oder wollten, dürften aber keinen Zwang erfahren, merkt Eder an.

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